Wenn man an Australien denkt, kommen einem sofort Bilder von endlosen roten Wüsten, einzigartigen Felsformationen und dem mystischen Uluru in den Sinn. Im Herzen des Kontinents, im sogenannten „Roten Zentrum“, thront dieser heilige Monolith majestätisch über der kargen Landschaft.
Ich das Glück, dieses kulturelle und natürliche Juwel selbst zu erkunden – und Uluru ist weit mehr als nur ein Fotomotiv.
Schon der Anflug auf den Uluru-Kata Tjuta National Park ist ein Erlebnis. Aus dem Flugzeugfenster erblickt man ein Meer aus Rot, durchzogen von Buschlandschaften, und dann erhebt sich Uluru wie ein Monument aus der Erde. Dieses Naturwunder, auch als Ayers Rock bekannt, fasziniert mit seiner schieren Größe – 348 Meter ragt er in die Höhe, doch etwa zwei Drittel seiner Masse liegen unter der Erde. Er ist nicht nur eine der größten Touristenattraktionen des Landes, sondern auch tief in der Kultur der Anangu-Aborigines verwurzelt, die ihn als heiligen Ort verehren.
Der Name Uluru stammt aus der Sprache der Anangu, den traditionellen Hütern des Landes, auf dem sich der berühmte Felsen befindet. In ihrer Sprache, einer der australischen Aborigines-Sprachen, hat der Name Uluru keine spezifische übersetzbare Bedeutung. Allerdings ist der Name tief in der spirituellen und kulturellen Identität der Anangu verwurzelt. Uluru ist für sie ein heiliger Ort, der eng mit den Traumzeit-Geschichten (Tjukurpa) verbunden ist, welche die Schöpfung und die spirituellen Überlieferungen ihres Volkes erklären.
Der Felsen wird daher nicht nur als geologische Formation betrachtet, sondern als ein bedeutendes spirituelles Symbol mit wichtigen Zeremonienstätten, die rund um den Felsen verstreut liegen.
Am ersten Morgen stehe ich noch vor Sonnenaufgang am Fuße des Felsens. Die kühle Luft des australischen Winters weht leicht, während sich am Horizont die ersten rötlichen Schimmer zeigen. Dann beginnt das Schauspiel: Mit jedem Strahl der aufgehenden Sonne verändert Uluru seine Farbe – von tiefem Violett über Orange bis hin zu leuchtendem Rot. Es ist ein Moment, den man nur schwer in Worte fassen kann. Die Stille um uns herum macht das Erlebnis noch eindrucksvoller.
Doch Uluru ist nicht nur von außen ein Wunder. Entlang der Base Walk, einem etwa 10 Kilometer langen Pfad, der den Felsen umrundet, gibt es viele versteckte Schätze zu entdecken. Kleine Wasserlöcher, Jahrtausende alte Felsmalereien und Höhlen erzählen die Geschichten der Aborigines, die seit unzähligen Generationen hier leben. Während der Wanderung erklärt unser Guide die spirituelle Bedeutung vieler dieser Orte. Der Respekt der Anangu gegenüber ihrer Umwelt und ihrem Erbe wird in jeder Erzählung spürbar.
Besonders beeindruckend sind die Mutitjulu-Wasserlöcher, die auch in trockenen Zeiten Wasser führen. In dieser scheinbar lebensfeindlichen Umgebung wirkt dieses kleine Stück Grün fast unwirklich. Hier sieht man auch die berühmten Felszeichnungen, die von der uralten Verbindung der Aborigines mit dem Land zeugen. Diese Zeichnungen erzählen von Traumzeit-Geschichten, der Mythologie der Aborigines, die fest mit Uluru verbunden ist.
Die Mutitjulu-Wasserlöcher sind natürliche Quellen am Fuße des Uluru im Uluru-Kata Tjuta National Park in Australien. Diese Wasserlöcher spielen eine wichtige Rolle in der Kultur der Anangu, der traditionellen Hüter des Landes, und sind eng mit ihren Tjukurpa-Geschichten (Traumzeit-Geschichten) verbunden.
Mutitjulu ist einer der wenigen permanenten Wasserquellen in der ansonsten trockenen Wüstenlandschaft, die Tiere und Menschen auch in Zeiten der Dürre mit Wasser versorgte. Die Anangu nutzen das Wasserloch seit Jahrtausenden als lebenswichtige Ressource und auch als Ort für Zeremonien und spirituelle Rituale.
Das Wasserloch ist besonders bekannt durch die Schöpfungsgeschichte von Kuniya und Liru, die von einem Kampf zwischen der Python-Kuniya und dem giftigen Schlangenmann Liru erzählt. Diese Geschichte ist eine der zentralen Traumzeit-Geschichten der Region und macht das Wasserloch zu einem spirituell bedeutenden Ort. Besucher des Nationalparks können das Mutitjulu-Wasserloch auf geführten Touren besichtigen und mehr über die kulturelle Bedeutung dieses besonderen Ortes erfahren.
Für viele Besucher ist es verlockend, den Uluru zu besteigen, doch die Anangu bitten seit Jahren darum, dies nicht zu tun. Es ist eine Frage des Respekts vor ihrer Kultur und ihren heiligen Traditionen. Seit 2019 ist das Besteigen des Felsens offiziell verboten, was die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Tourismus und indigener Gemeinschaft unterstreicht.
Am Abend, als die Sonne hinter dem Uluru verschwindet, erlebe ich das zweite Farbspektakel des Tages. Der Himmel brennt in tiefen Rot- und Orangetönen, während der Felsen langsam in die Dunkelheit eintaucht. Das Rote Zentrum zeigt sich von seiner dramatischsten Seite, und ich kann verstehen, warum dieser Ort so viele Menschen aus aller Welt in seinen Bann zieht.
Der Besuch des Uluru ist mehr als nur ein Ausflug in die Wildnis – es ist eine Reise in das spirituelle Herz Australiens. Die raue Schönheit und die tief verwurzelte Kultur der Aborigines machen diesen Ort zu einem Muss für jeden, der die Seele des Kontinents erleben möchte.